Kaschnig Anna

  • geboren am 14. September 1940 in Thörl-Maglern
  • ermordet am 27. Mai  1943 in der „Kinder- und Jugendfürsorgeanstalt  Am Spiegelgrund“
  • zuletzt wohnhaft in Gailitz/Ziljiza Gemeinde Arnoldstein/Podklošter

Anna ist ein lebhaftes, auffallend unruhiges Kind, das sich mit dem Sprechen Zeit lässt. Die Mutter und der Stiefvater bringen viel Geduld für das kleine Mädchen auf, das immer ordentlich gepflegt ist. In der vorliegenden Unterlagen scheint kein Grund auf, warum der zuständige Amtsarzt in Villach „dringend Anstaltspflege“ beantragt, zumal das Kind nie ernstlich krank war.

Am 9. Mai 1943 wird Anna in der Kinder- und Jugendfürsorgeanstalt  Am Spiegelgrund im Pavillon 15 aufgenommen und den üblichen Untersuchungen unterzogen. Am 17. Mai 1943 meldet Dr. E. Illing an den Reichsausschuss in Berlin: … voraussichtlich dauernd pflege- und anstaltsbedürftig …“.

Am 27. Mai 1943 stirbt das 3-jährige Mädchen an Bronchitis und Lungenentzündung.

Überrascht über den plötzlichen Tod ihrer Tochter Anna schreibt die Mutter sogleich nach Erhalt der Nachricht an die Anstaltsleitung: … „habe heute das Telegramm vom Tod meiner Tochter Anna erhalten. Bitte mir mitzuteilen warum das Kind so plötzlich starb. War es vielleicht krank?“.

Am 8. Juni 1943 antwortet Dr. Illing: 
„Ihr Töchterchen Anna ist am 27. Mai 1943 an einer Lungenentzündung gestorben, nachdem es nur wenige Tage mit Fieber erkrankt war. Es ist ohne jeden Kampf sanft eingeschlafen. Der Tod konnte diesem armen Kinde, das infolge seiner hirnorganischen Störungen und den damit zusammenhängenden Lähmungen, nie sprechen oder gehen gelernt hätte, nur eine Erlösung bedeuten“.

Quelle:
Waltraud Häupl, Die ermordeten Kinder vom Spiegelgrund, Böhlau Verlag 2006.

Bemerkung:
In der Wiener „Heil- und Pflegeanstalt“ Am Steinhof wurde im Jahr 1940 die städtische „Kinder- und Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund“ eingerichtet. Beinahe 800 Kinder und Jugendliche fanden in dieser Tötungsanstalt zwischen 1940 und 1945 den Tod. Viele von ihnen deswegen, weil sie dem „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“, der Tarnorganisation für den Mord an Kindern und Jugendlichen, gemeldet wurden und dieser sie als „lebensunwert“ einschätzte. Verschiedene Kriterien wie z. B. „Idiotie, Lähmung oder Missbildung verschiedener Art“  wurden dabei als Gründe für die Meldung der Kinder genannt. Tatsächlich war allerdings oftmals das Kriterium der späteren Arbeitsfähigkeit ausschlaggebend bei der Entscheidung über Leben und Tod.

Quelle:
Zitiert nach Wolfgang Haider im Buch: Bernhard Gitschtaler, Die Opfer des Nationalsozialismus im und aus dem Gailtal, Salzburg 2015.